Mary Margaret Kaye führte ein ebenso
spannendes und abenteuerliches Leben wie die Protagonisten in ihren
Romanen: Geboren wurde sie am 21. August 1908 in Simla, Indien. Auf
dem Subkontinent verbrachte sie auch ihre Jugend. Mit ihrem Mann Geoff
Hamilton wurde das Leben nicht weniger bewegt, denn als Offizier der
British Army wurde er an die unterschiedlichsten Ecken der Erde
versetzt, oftmals begleitet von seiner Frau, die dabei
zahlreiche Regionen im Einflußbereich der Briten kennenlernte. So
konnte sie in ihren Romanen stets auf eigene Erlebnisse und Eindrücke
zurückgreifen und vermittelte ihren Lesern damit als Zeitzeugin aus
erster Hand Bilder einer Welt, wie sie, bedingt durch den schrittweisen Zerfall
des britischen Empire, nie wieder erlebt werden können. Mary Margaret
Kaye starb am 29. Januar 2004.
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Death
Walked in Kashmir
1953
Deutsche Übersetzung:
Vollmond
über Kaschmir
Goldmann,
1987; ISBN 3442068428
Kategorie: Romantic Suspense/ Kolonien/ Indien
Zeit: 1940er |
Kaschmir 1947: Die
junge Engländerin Sarah Parrish macht kurz vor der Unabhängigkeit
Indiens noch einmal Urlaub in einem Ski-Resort im Kaschmirtal. Der
Unfalltod einer älteren Dame überschattet den Aufenthalt zunächst
nur wenig. Doch eines Nachts beobachtet Sarah, wie sich jemand am
Fenster ihrer Zimmernachbarin Janet Rushton zu schaffen macht -
offenbar mit üblen Absichten, denn Janet vertraut
in ihrer Besorgnis der überraschten Sarah an, daß sowohl sie wie
auch ihre verunglückte Begleiterin für den britischen Geheimdienst tätig
waren und im Skiort auf einen Agenten warteten, um ihm eine wichtige
Nachricht zu übergeben. Als das Treffen mit ihrem Kontakt in
einer der darauffolgenden Nächte erfolgen soll, macht sich Janet auf
den Weg, kommt an ihrem Ziel aber nie an: Ihre Leiche wird auf der
Abfahrt von der Skihütte gefunden. Janets Tod wird allgemein als Unglücksfall
angesehen. Nur Sarah ahnt, daß es sich um Mord handeln muß, kann
dieses Wissen aber niemandem anvertrauen. Monate später erhält Sarah einen
Brief, den Janet offenbar vor ihrem Tod an sie abgeschickt hatte.
Darin teilt Janet mit, daß sie wichtige Aufzeichnungen auf einem Hausboot in
Srinagar versteckt hat, auf dem sie und ihre Partnerin ihre Sommerferien
verbrachten. Den beigefügten Pachtvertrag nutzt Sarah und begibt
sich, als Touristin getarnt, noch einmal nach Kaschmir, um anstelle der
toten Janet deren Auftrag zu erfüllen. Doch auch Bekanntschaften von
ihrem Skiurlaub stellen sich in Srinagar ein, und in Sarah verstärkt
sich immer mehr der Verdacht, daß einer von ihnen für den Mord an
Janet verantwortlich ist. Bald muß Sarah nicht nur nach den
versteckten Aufzeichnungen suchen, sondern im Interesse ihrer eigenen
Sicherheit die Identität des Mörders herausfinden.
Das
Faszinierende an M.M. Kayes Kriminalromanen ist die gelungene Mischung
aus Spannung, historischem Wissen, exotischen Schauplätzen und einer
Liebesgeschichte. Selten sind diese Anteile bei einem Autor so
ausgewogen, machen dadurch die erzählte Geschichte umso glaubwürdiger
und lesenswerter und Vollmond über Kaschmir letztlich zu
einem absoluten Klassiker, der jedem Fan von Krimis, historischen oder
Liebesromanen zur Abrundung seiner Lektüre ans Herz gelegt werden
muß.
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Death
Walked in Cyprus
1955
Deutsche Übersetzung:
Es
geschah auf Zypern
Goldmann,
1986; ISBN 3442067499
Kategorie: Verbrechen auf Reisen/ Mittelmeerraum/ Zypern
Zeit: 1950er |
Amanda Derington soll
ihre Urlaubsreise nach Zypern auf Bitte ihres Onkels mit einem Besuch
bei seiner dortigen Geschäftsniederlassung verbinden. So weiß er das
junge Ding wenigstens unter Aufsicht eines zuverlässigen
Mitarbeiters. Doch der Gefahr begegnet sie schon viel früher: Auf der
Schiffsreise von Ägypten nach Zypern stirbt die mitreisende Julia
Blaine in Amandas Kabine - nachdem sie zwei Aspirintabletten einnahm!
Amanda ruft den Kabinennachbar Steven Howard zu Hilfe, da sie zunächst
einen Herzanfall vermutet, doch auch eine schnelle Untersuchung der
Leiche gibt keinen Aufschluß über die tatsächliche Todesursache.
Julia selbst hatte mit Selbstmord gedroht, und ihrem Mann traute sie
Mord aus Habgier zu. Doch das Tablettenröhrchen mit der Aufschrift
"Gift", das Amanda unter ihrem Kopfkissen findet, könnte
sogar sie selbst belasten, daher beschließt sie zu schweigen. Während
ihres Aufenthalts auf Zypern wird sie bald selbst das Opfer mehrerer
Anschläge auf ihr Leben, und nun weiß sie, daß sie einem Mörder
zur lästigen Zeugin geworden sein muß.
Wenn
M.M. Kaye von Ländern schreibt, die sie einst selbst besuchte, könnte
man beim Lesen ihrer Romane glauben, selbst vor Ort zu sein. Auch in Es
geschah auf Zypern erweist sich die Autorin als meisterhafte Erzählerin,
die hier einen spannenden Kriminalroman mit einer Romanze vor dem
Hintergrund der heißen Mittelmeerinsel verbunden hat. Die richtige
Lektüre für einige warme Sommerabende.
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Mit gemischten Gefühlen
nimmt Victoria Caryll nach dem Tod ihrer Mutter das Angebot ihrer
Tante Emily DeBrett an, ihr auf deren Farm "Flamingo" in
Kenia zur Hand zu gehen: Einerseits sehnt sie sich danach, das Land
wiederzusehen, in dem sie ihre Kindheit verbrachte, andererseits wird
ihre Vergangenheit als ehemalige Verlobte ihres Vetters Eden den
Aufenthalt sicher belasten. Denn Eden ist inzwischen mit der
wohlhabenden Alice verheiratet. Schon der Empfang auf dem Flughafen in
Nairobi wird frostig: Statt ihrer Verwandten holt sie Drew Stratton
ab, ein Nachbar, der sie offensichtlich ablehnt. Die Ursache wird
Victoria bald klar: Kurz zuvor hat man auf "Flamingo" Edens
Frau brutal ermordet aufgefunden. Obwohl sich der erste Verdacht gegen
noch immer umtriebige Aufständische aus den Kreisen der Mau-Mau
richtet, ermittelt Greg Gilbert, der zuständige Polizeichef, auch
gegen die Bewohner auf "Flamingo" und deren Nachbarn. Denn
zahlreiche andere Vorfälle auf der Farm machen deutlich, daß
irgendwer gezielt Emily DeBrett zu schaden versucht. Die Atmosphäre
im Kreis der britischen Farmer wird zunehmend belastet, als ein
wichtiger Zeuge für den Mord an Alice verschwindet und es auf einem
Picknick zu einem weiteren mysteriösen Todesfall kommt.
Gekonnt
verfaßte M.M. Kaye einen weiteren Kriminalroman mit den für sie
typischen Zutaten: Dezent entwickelt sie die Romanze der Protagonistin
und baut meisterhaft das Rifttal Kenias als Kulisse für die mysteriösen
Vorgänge auf, wodurch sie eine Atmosphäre von Spannung und Bedrohung
schafft, dem Leser aber auch die Schönheit des exotischen
Schauplatzes in ihrem einzigartigen Erzählstil zu vermitteln vermag.
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Die junge Dany Ashton
soll ihre Mutter und deren neuen Ehemann auf dessen Besitz auf
Sansibar besuchen. Doch in der Nacht vor ihrem Flug wird Danys
Hotelzimmer durchsucht und ihr Reisepass gestohlen. Dann stellt sich
heraus, daß der Familienanwalt, den Dany tags zuvor besuchte,
ermordet wurde und die Polizei nach einer jungen Frau zwecks Befragung
zu diesem Fall sucht. Der Amerikaner Lash Holden, der ebenfalls ein
Gast von Danys Stiefvater ist, schafft sie aber unter einer falschen
Identität als seine angebliche Sekretärin und mit
"geborgten" Papieren doch noch außer Landes. Bei einer
Zwischenlandung in Nairobi dringt erneut jemand in Danys Hotelzimmer
ein, und diesmal hat er es auf sie selbst abgesehen. Auf Kivulimi, dem
Besitz ihres Stiefvaters, angekommen, behält Dany gegenüber allen Gästen
die Identität als Lashs Sekretärin bei. Doch auch hier kommt es zu
einem Todesfall. Offenbar ist der Mörder hinter einem Dokument her,
das das Versteck zu dem legendären Schatz des Abenteurers Rory Frost,
dem Erbauer von Kivulimi, weist.
In
gewisser Hinsicht schlägt "Tod in Sansibar" aus der Reihe
der Kaye-Krimis heraus: So dürfte vor allem der Schauplatz, das
Anwesen Kivulimi, und der Name Rory Frost Kaye-Fans aus ihrem
historischen Roman "Insel im Sturm" ein Begriff sein. Jenem
1963 erschienenen Werk diente die in diesem Krimi erzählte Geschichte
als Ideenvorlage. Die Atmosphäre in diesem Krimi setzt sich aus schöner
erzählerischer Schilderung von Landschaft und Personen sowie einer
langsam wachsenden Spannung zusammen. Dazu kommt -wie von Kaye
gewohnt- eine romantische Liebesgeschichte, die genau das richtige Maß
hat, um nicht ins Sentimentale abzugleiten oder das Genre des
Kriminalromans zu verlassen. Dany Ashton ist zwar nicht die selbstbewußte,
starke Protagonistin, die man z.B. in Sarah Parrish aus "Vollmond
über Kaschmir" findet, doch zieht man ihre Jugend und behütete
Herkunft in Betracht, wäre eine andere Darstellung ihrer Person
unglaubwürdig. So aber ist "Tod in Sansibar" ein
stimmungsvoller und fesselnder Krimi, der jedem Leser etwas bietet.
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Dank einer
unerwarteten Erbschaft kann es sich die junge Stenotypistin Copper
Randal leisten, das kühle London gegen die tropischen Andamanen zu
tauschen, wo ihre Freundin Valerie und deren Vater, der Oberkommissar
der Inseln, ihr einen unvergeßlichen Aufenthalt bieten und sie die
Bekanntschaft des attraktiven Marineleutnants
Nick Tarrent macht. Doch am Weihnachtstag verändert sich das
paradiesische Leben mit einem Schlag: Bei einem Picknickausflug auf
eine Nachbarinsel wird die Gesellschaft von einem Sturm überrascht
und kann sich nur unter Mühen nach Hause retten - alle, bis auf den
Plantagenbesitzer Ferrers Shilto, der sich in einem jener Segelboote
befand, die auf dem Heimweg im Sturm kenterten. Copper und Valerie
kümmern sich um alle Gäste, die nun in dem Regierungsgebäude
Unterschlupf suchen. Hier drücken nicht nur die Ausläufer des
Sturms, sondern auch die seltsame Atmosphäre des Hauses auf die
Stimmung der Menschen. Als am nächsten Tag die Leiche des vermißten
Ferrers an Land gespült wird, ist an ein feierliches Weihnachten endgültig
nicht mehr zu denken. Doch etwas ist faul an dem Tod von Ferrers
Shilto - das spürt nicht nur Copper, sondern auch Nicks Freund, der
Marinearzt Dan Harcourt. Da geschieht ein zweiter Todesfall - ein
offensichtlicher Mord, der auch den Tod von Ferrers Shilto in einem neuen Licht
erscheinen läßt. Da die Verbindung zum Festland durch den Sturm unterbrochen
ist, beschließen Copper und Valerie, den Fall selbst aufzuklären. In
einem Haus voller gereizter Individuen entdeckt Copper dabei auch
Verdachtsmomente gegen iMenschen, die ihr sehr nahe stehen.
Nacht
über den Inseln ist eine von M.M. Kayes atmosphärisch
dichtesten, gelungensten Kriminalromanen. Vor dem Hintergrund der
einstigen Sträflingsinseln der Andamanen schildert sie ein tropisches
Paradies, in welchem sich eine Vielzahl der unterschiedlichsten
Charaktere neben einem einschneidenden Naturereignis auch mit einem
Mordfall auseinanderzusetzen hat. Wie immer ist eine romantische
Komponente enthalten, die sich ausgewogen und glaubhaft durch den
gesamten Roman zieht. Mehr denn je verstand es die Autorin in dieser
Geschichte, die unterschwellige Spannung und bedrohliche Atmosphäre
darzustellen.
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The
Ordinary Princess
Puffin,
2002; ISBN: 0142300853
Deutsche Übersetzung:
Die
gewöhnliche Prinzessin
Kategorie: Märchen/ Kunstmärchen
Zeit: Mittelalter |
Helle Freude herrscht
im Königreich Phantasmorania, denn ihrem Königspaar wurde eine
siebte Tochter geboren. Und weil siebte Prinzessinnen etwas ganz
Besonderes sein müssen, wie jedermann weiß, werden an die kleine
Amethyst vom Augenblick ihrer Geburt an hohe Erwartungen gestellt. Da
ist es ein harter Schlag, als bei der Taufe des Kindes die schrullige
Fee Crustacea ihr Geschenk für das Kind verkündet: Amethyst soll
ganz gewöhnlich werden! Und so wächst die Prinzessin heran,
ohne ihre sechs wunderschönen älteren Schwestern zu übertreffen,
sondern trotz ihrer übrigen Vorzüge wie Intelligenz und einem
liebenswerten Wesen unscheinbar in derem Schatten zu stehen, was
"Amy" weit weniger Sorgen macht als allen anderen am
Hofe. Doch als die Reihe an ihr ist, sich vorteilhaft zu verheiraten,
sich aber alle Bewerber bei ihrem Anblick zurückziehen, verfallen die
Ratgeber ihres Vaters auf eine verrückte Idee, um die gewöhnliche
Prinzessin doch noch unter die Haube zu bringen. Nicht mit Amy! Klammheimlich setzt sie sich nachts aus dem königlichen Schloß ab und
lebt fortan im Wald von Faraway, der Phantasmorania und das
Königreich Ambergeldar voneinander trennt. Und als es unvermeidlich
wird, daß Amy Geld für ihren Lebensunterhalt verdient, nimmt
sie eine Arbeit als Küchenmagd im Schloß von Ambergeldar an.
Schnell findet das liebenswerte Mädchen dort Freunde, besonders in
dem jungen Peregrine, den sie eines Tages unerwartet
kennenlernt...
Mit
The Ordinary Princess bewegte sich Mary Margaret Kaye fort von
den Genres der historischen und Kriminalromane, die sie sonst
favorisierte, und schuf ein nahezu in einem Zug geschriebenes und
selbst illustriertes Märchen, das sich nicht nur an die Gruppe der
Kinder als Zuhörer bzw. Leser richtet, sondern merklich an jede
Altersgruppe. Auf 107 Seiten krempelt Kaye dabei vor allem das
übliche Bild von den Prinzessinnen in Märchen um: Amy ist nicht
schillernd schön und anmutig, sondern von einer so gewöhnlichen
Erscheinung, daß, wie so oft in der Realität, ihre sonstigen
Vorzüge und Stärken von ihrer Umwelt gar nicht wahrgenommen werden.
Daß diese Reaktion aber bei der heiteren und herzensguten Amy keine
Verbitterung auslöst, sondern gerade ihre von den anderen wenig
geschätzten übrigen Wesenszüge für ein glückliches Ende sorgen,
ist dann aber ein Element und Kennzeichen des Märchens, das auch von
Kaye beibehalten wurde. So ist diese Geschichte kurz und unterhaltend,
ein wenig rührend, ein wenig lehrhaft, aber alles in allem wohltuend
in seinem märchenhaften Charakter, dessem Charme sich nur der
allernüchterndste Leser vollkommen verschließen können wird.
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