Sie sind
aus der Mode gekommen: Zorro, Kara Ben Nemsi, Scarlet Pimpernel oder d´Artagnan.
Sie sind sogar in Vergessenheit geraten, denn manche Generationen
kennen noch nicht einmal mehr ihre Namen. Wenn wir ganz modern den
Begriff „Abenteuer“ in die Suchmaschine eines Online-Buchhändlers
eingeben, erhalten wir als Ergebnis bestenfalls Literatur, die für
Kinder und Jugendliche bestimmt ist: einen Zauberschüler aus England
oder den Sproß zweier Filmarchäologen und Mumienvernichter.
Abenteuerliteratur scheint heute nicht mehr für Erwachsene
geschrieben zu werden, und die klassischen Werke dieses Genres werden
bestenfalls noch vereinzelt aufgelegt, aber ganz sicher nicht mehr als
Lektüre für Erwachsene propagiert.
Warum?
Ich
vertrete die These, daß es nicht die Art der Abenteuer ist, die
dieses Genre für den modernen Leser uninteressant macht -Reise und
Aufenthalt in manchen Regionen dieser Erde kann noch immer ein gefährliches
Abenteuer sein und wer würde nicht einen vermeintlichen "Herr
der Welt" in einem fairen Wettkampf zu Land, zu Wasser und
in der Luft herausfordern und in seine Schranken weisen? Nein, es sind
vielmehr die Ideale, die Werte, die die Helden aus den alten
Abenteuergeschichten vertreten, die scheinbar keinen Platz mehr in
unserer heutigen Zeit haben. Begriffe wie Loyalität, Ehre,
Patriotismus werden nicht nur als veraltet betrachtet, sie haben sogar
eine negative Konnotation und scheinen weder erstrebenswerte Ziele
noch akzeptable Motivation zu sein, Leib und Leben in einem
Unternehmen voller Unbekannter zu riskieren.
Aber das
Genre ist noch nicht tot, es hat, wie so vieles heutzutage, nur eine
andere Verpackung. Autoren berichten von Abenteuern in anderen Zeiten,
vom alten Ägypten über das finstere Mittelalter bis zum Zeitalter
der Industrialisierung und des Imperialismus. Sie passen die
Abenteurer ein wenig unseren heutigen Erwartungen an einen glaubwürdigen
Helden und seine Beweggründe an und Verlage veröffentlichen ihre
Werke in der Rubrik "historischer Roman".
Bei genauerer Untersuchung finden wir in diesen historischen Romanen
oft genug nichts anderes als die Abenteuerromane, die im neunzehnten
Jahrhundert schon so viele Leser begeisterten. Die große Zahl der Veröffentlichungen
mit diesem Stempel läßt mich daher folgern, daß der Bedarf an
Abenteuern sowohl an exotischen Schauplätzen und in längst
vergangenen Zeiten wie auch im Hier und Heute nach wie vor besteht.
Noch immer wünschen wir uns Helden, die für ihre Ideale einstehen
und für sie zu kämpfen oder sich ihretwegen unglaublichen Gefahren
auszusetzen bereit sind. Der Mensch braucht ein Vorbild. Mögen
maskierte Degenfechter und stockkonservative britische Weltreisende
auch einer anderen Zeit angehören - in ihrem Vorbildcharakter sind
sie nicht die schlechtesten. Und somit sind sie genau das, wovon wir
heute eine ganze Menge mehr gebrauchen könnten.
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