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The
Last Kashmiri Rose
Constable
& Robinson, 2002; ISBN: 1841195820
Deutsche Übersetzung:
Das
Geheimnis der Kaschmir-Rose
Goldmann,
2003; ISBN: 3442453573
Kategorie: Detektive in Asien/ Kolonien/ Indien/ Joe
Sandilands
Zeit: 1920er |
Kalkutta 1922: Nach
sechs Monaten in Indien, in denen Inspektor Joe Sandilands von
Scotland Yard Vorträge für die einheimischen Polizeikräfte hielt,
soll er eigentlich gen Heimat abreisen, als ihn der Gouverneur von
Bengalen und dessen Nichte Nancy Drummond um einen Gefallen bitten:
Sandilands soll in einer rätselhaften Mordserie ermitteln, der in der
kleinen Garnisonsstadt Panikhat seit 1910 schon fünf Ehefrauen von
Offizieren der "Bengal Greys" zum Opfer gefallen sind. Das jüngste
Opfer war die beste Freundin von Nancy und wurde vor wenigen Tagen mit
durchgeschnittenen Handgelenken in ihrer Badewanne aufgefunden. Da die
örtliche Polizei von Selbstmord ausgeht, soll der Außenstehende
Sandilands den Fall aufklären. Von Nancys Ehemann Andrew Drummond erhält
er ebenso Hilfe wie von dem indischen Polizisten Naurung Singh. Joe
geht zunächst auf die Suche nach Gemeinsamkeiten bei allen Todesfällen,
und findet bald heraus, daß die Opfer allesamt bei vermeintlichen Unfällen,
wie sie in Indien häufig passieren können, ums Leben kamen. Doch
immer geschah der Unglücksfall im März und stets war ein
Einheimischer am Tatort involviert, der dann spurlos verschwand.
Dennoch sucht Joe zusammen mit der tatkräftigen Nancy den Täter in
der britischen Gemeinde von Panikhat.
Eine
Beurteilung von Barbara Cleverlys Erstlingswerk um den
Polizeiinspektor Joe Sandilands und seine Fälle, die im Indien der
20er Jahre angesiedelt sind, fällt schwer. Ganz sicher ist die
Handlung nicht so ausgeklügelt, raffiniert oder überraschend wie die
der Romane einer Agatha Christie oder eines John Dickson Carr, aber
nur die wenigsten zeitgenössischen Autoren können sich mit diesen
Klassikern messen. The Last Kashmiri Rose überzeugt und
fesselt vielmehr durch den exotischen geographischen, kulturellen
sowie zeitlichen Hintergrund, den Barbara Cleverly allgegenwärtig und
dennoch unaufdringlich in den Roman einbauen konnte, eine erfreuliche
Leistung -im Gegensatz zu vielen anderen sogenannten
"historischen" Kriminalromanen-, durch die sich The Last
Kashmiri Rose empfiehlt.
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Ragtime
in Simla
Constable
& Robinson, 2002; ISBN: 1841197401
Deutsche Übersetzung:
Die
Juwelen von Simla
Goldmann,
2005; ISBN: 3442458803
Kategorie: Detektive in Asien/ Kolonien/ Indien/ Joe
Sandilands
Zeit: 1920er |
Im Frühjahr 1922
trifft Inspector Joe Sandilands in Simla ein, um in der Sommerresidenz
von Gouverneur George Jardiner Ferien zu machen. Doch es wird nichts
aus der unbekümmerten Zeit, denn schon kurz nach seiner Ankunft wird
Joes Mitreisender, der russische Bariton Feodor Korsovsky, aus dem
Hinterhalt erschossen. Bei seinen Nachforschungen zusammen mit dem
Polizeichef Charlie Carter trifft Joe bald auf Alice Conyers-Sharpe,
eine junge Frau, die -obwohl als Besitzerin einer überaus
erfolgreichen Handelsfirma reich und angesehen- vom Pech verfolgt zu
sein scheint: Auf ihrer Reise nach Indien vor drei Jahren überlebt
sie als einziger Passagier ein Zugunglück in Südfrankreich, verliert
aber ihre Begleiterin. Dann stellt sich heraus, daß Korsovsky nicht
das erste Mordopfer an jener Stelle in Simla war: Vor einem Jahr wurde
dort Lionel Conyers ermordet, Alices Bruder, der eigentlich als im
Krieg gefallen galt, aber nach langer Rekonvaleszenz ebenfalls nach
Simla reiste, um sein Erbe anzutreten. Diese Übereinstimmung bei den
Todesfällen läßt Joe sich bei seiner Motivsuche auf Alices Umfeld
konzentrieren. Reginald Sharpe, Alices Mann und Miteigentümer der
Firma, gilt als Tunichgut und verkehrt in zwielichtigen Kreisen, doch
für die Tatzeit kann er ein Alibi vorweisen. So wird für Joe und
Charlie immer mehr klar, daß das Motiv für die beiden Morde mit dem
Zugunglück in Frankreich zusammenhängt.
Mit
Ragtime in Simla schildert Barbara Cleverly den zweiten Fall
von Inspector Joe Sandilands in Indien: wieder vor der schönen
Kulisse der britischen Kronkolonie in den zwanziger Jahren, wieder
mysteriös und knifflig und wieder erfreulicherweise mit lebendigen,
individuellen Charakteren und unter Verzicht auf jegliche stereotype
Darstellung. Auch wenn man als Leser bald selbst auf die richtige Spur
kommt, ergeben sich im Verlauf der Handlung immer wieder neue
Wendungen und Entwicklungen, die überraschen und alles in allem einen
"Fall" erzählen, in dem die Protagonisten - ob Schurken
oder Gesetzeshüter- durch ihre menschlichen und nachvollziehbaren
Tugenden und Fehler die Handlung bestimmen.
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Bright
Hair About the Bone
Delta,
2008; ISBN: 0385339896
Deutsche Übersetzung:
-
Kategorie: Weibliche Detektive/ Archäologie/ Laetitia Talbot
Zeit: 1927 |
1926 arbeitet der
britische Gelehrte Daniel Thorndon an einer archäologischen
Ausgrabung im französischen Burgund mit, als er eines Nachts
hinterrücks erstochen wird. Die französische Polizei sieht Thorndon
als Opfer eines besonders brutalen Raubes und legt den Fall ungelöst
zu den Akten. Monate später allerdings erhält Thorndons Patenkind
Laetitia Talbot eine Postkarte mit rätselhaftem Text, die der
Ermordete offenbar kurz vor seinem Tod in aller Heimlichkeit
abgeschickt haben muß. Für Letty steht fest, daß der geliebte Pate
sie um Unterstützung bitten wollte und sie jetzt zumindest die
Aufklärung seiner Ermordung übernehmen muß. Unter einem Decknamen
schmuggelt sie sich als Mitarbeiterin in die Gruppe der Archäologen,
die in Fontigny an der Freilegung einer mittelalterlichen Abtei
arbeiten. Als Aufpasser im Auftrag von Lettys Vater fungiert dabei der
ehemalige Militärgeistliche William Gunning. Und Beistand hat Letty
bald nötig. Denn sowohl Paradee, der Leiter der Ausgrabung, wie auch
der junge Graf d'Aubec, auf dessen Schloß Thorndon häufig zu Gast
war, sind Letty bald suspekt und scheinen sie gern loswerden zu
wollen. Immer tiefer wird Letty in Verwicklungen und Verschwörungen
hereingezogen, deren Dimensionen sie nicht überblicken kann.
"Bright
Hair About the Bone" gestaltet sich von Anfang an als
äußerst verwirrend. Das liegt nicht nur daran, daß dieses Abenteuer
von Cleverlys Protagonistin Laetitia Talbot zeitlich vor ihren
zuerst veröffentlichten "Tomb of Zeus" gelegt wird,
sondern auch am Aufbau und der Entwicklung der Handlung: Die knapp 400
Seiten des Romans müssen nicht nur ausreichen, um seine eigenen
Figuren zu beschreiben, sondern auch Fragen zu Lettys Vergangenheit
und ihrer Beziehung zu William Gunning zu erklären, die in "Tomb
of Zeus" lediglich angedeutet wurden. Darüber hinaus ist der
Roman weniger ein Krimi vor archäologischer Kulisse, sondern will
sich wohl auch als historischer Roman verstehen, greift er doch
mehrere Ereignisse, Strömungen und Gedankengut der Zwanziger Jahre
auf. Das ist zwar schön für den Detailreichtum des Buches, wäre
aber noch besser, würden diese Details auch zu etwas Konkretem
führen. Dazu kommen die Bezüge und ständigen Verweise auf die
Geschichte der Kelten in der Region und ein Prolog, der zu beinahe der
gesamten Romanhandlung in keinem Zusammenhang zu stehen scheint -
alles wird von der Autorin verwendet, um falsche Spuren zu legen, beim
Leser den Verdacht mal auf diese und mal jene Figur zu lenken, wodurch
aber tatsächlich nur Verwirrung erzielt und der eigentliche Mordfall,
den die Hauptfigur aufklären will, völlig in den Hintergrund
gedrängt wird. Ein unbegreiflicher Gegensatz zu der stringenten
Erzählweise in "Tomb of Zeus", worin auch die
Handlung mehr Substanz hatte und logisch abschloß! Hier dagegen
enttäuscht selbst noch der Schluß, der viele Fragen offenläßt und
alles in allem den Leser unzufrieden zurücklassen muß.
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The
Tomb of Zeus
Delta,
2007; ISBN: 0385339902
Deutsche Übersetzung:
-
Kategorie: Weibliche Detektive/ Archäologie/ Laetitia Talbot
Zeit: 1928 |
Mit besten
Empfehlungen kommt die Archäologie-Studentin Laetitia Talbot im Frühjahr
1928 nach Kreta. Hier soll sie für Theodore Russell, einen Briten,
der sich als Archäologe in der Tradition eines Schliemanns sieht,
eine seiner Ausgrabungen leiten. Schnell gewinnt Laetitia allerdings
den Eindruck, daß sie von Russell und seinen anderen, männlichen
Studenten nicht ernst genommen wird und er sie loswerden will, speist
er Letty doch mit einem Projekt ab, das sie fern von Russells Villa
Europa hält und lediglich auf eine alte, von den Einheimischen erzählte
Geschichte basiert: das Grab des Zeus. Letty hat kaum Gelegenheit,
sich einzuleben, da werden die Bewohner der Villa erschüttert, als
man Russells Frau Phoebe erhängt in ihrem Schlafzimmer auffindet. Nur
für Letty, die Phoebe rasch ins Herz geschlossen hatte, ist fraglich,
ob die Tat Selbstmord oder Mord war. So verfolgt sie neben dem
Ausgrabungsprojekt ebenso entschlossen alle Hinweise zur Aufklärung
von Phoebes Tod. Hilfe erhält sie dabei vor allem durch eine alte
Bekanntschaft, William Gunning, der als Zeichner und Architekt Lettys
Team zugeteilt ist. Doch je weiter sich Lettys Nachforschungen
entwickeln, umso mehr deckt sie in den Begleitumständen und Folgen
des Todesfalles eine wahrhaft griechische Tragödie auf.
In
The Tomb of Zeus stellt Barbara Cleverly nach John Sandilands
ihre neue Serienheldin vor. Ihm nicht unähnlich führt uns Laetitia
Talbot dabei an faszinierende Orte in den 20er Jahren des letzten
Jahrhunderts. Nach nur wenigen Kapiteln kann man unweigerlich -aber höchst
erfreut- erste Parallelen zu M.M. Kayes Kriminalromanen ziehen: Da ist
zunächst Kreta als mehr oder minder exotischer Schauplatz, in dessen
Mythologie, Kultur und Geschichte von der Bronzezeit bis zur
Freiheitsbewegung im ausklingenden 19. Jahrhundert sich Cleverly sorgfältig
eingearbeitet hat, dieses Wissen aber -einem Krimi angemessen-
unterhaltend und unaufdringlich einbaut: Dazu kommen eine selbstbewußte
weibliche Protagonistin, ein Schuß Romantik und eine in einem längst
vergangenen Jahrzehnt angesiedelte Handlung. Neben diesem Hauch an
Nostalgie bekommt der Leser dabei auch einen fesselnden Kriminalfall
mit einigen überraschenden Wendungen und Entwicklungen geboten, bei
einer aber in sich stimmigen Handlung, so daß Laetitia Talbots Debüt
als absolut gelungen gelten kann.
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A
Darker God
Bantam,
2010; ISBN: 0385339919
Deutsche Übersetzung:
-
Kategorie: Weibliche Detektive/ Archäologie/ Laetitia Talbot
Zeit: 1928 |
Kaum hat Laetitia
Talbot die Ausgrabung auf Kreta abgeschlossen, ist ihre Anwesenheit
auf dem griechischen Festland und bei ihrem Mentor, Professor
Merriman, verlangt: Andrew Merriman ist dabei, in einem antiken
Theater in Athen ein ebenso antikes Schauspiel für ein erlesenes
Publikum auf die Bühne zu bringen, den Agamemnon von
Aischylos. Doch das hehre Kulturprojekt wird zum blutigen Spektakel,
denn bei der Probe wird dem entsetzten Laienensemble keineswegs der
arrangierte Leichnam der ermordeten Titelfigur, sondern die sehr reale
Leiche eines Mitwirkenden präsentiert. Ist es Zufall, daß sich im
internationalen Stab auch Percy Montacute, Chief Inspector beim
britischen C.I.D., befindet und er ausgerechnet Laetitia für die
ersten Ermittlungen am Tatort einspannt? Sehr schnell wird ihr
nämlich klar, daß nahezu jeder aus dem Ensemble mehr zu sein scheint
als er vorgibt - und es offenbar sehr vielfältige versteckte Motive
für den Mord geben könnte. Als es aber in kürzester Zeit zu einem
zweiten Todesfall kommt und sich der Verdacht der Polizei gegen die
ebenso heißblütige wie undurchschaubare Thetis Templeton zu richten
scheint, obwohl das Testament des Opfers auf Motive und Verdächtige
aus der Vergangenheit hinweist, beginnt Letty mit ihren eigenen
Ermittlungen.
Barbara
Cleverly läßt ihren dritten Roman zu Laetitia Talbot erneut mit
einem historischen bzw. literarisch basierten Epilog beginnen. Und sie
füllt bis zum ersten Auftreten ihrer Hauptfigur beinahe 50 von den
400 Seiten mit mehreren Vorgeschichten, deren Zweck und Bedeutung sich
dem Leser nicht so rasch erschließen. Ein schlechtes Vorzeichen,
insbesondere da sich die Autorin im vorausgegangenen Roman, Bright
Hair About the Bone, bereits ähnliche Verzettelungen erlaubt
hatte, die sich dann als irreführend und völlig überflüssig
herausgestellt haben und nicht wenige Leser verstimmt haben dürften.
Ohne zuviel vom Inhalt zu verraten sei hier zu ihrer Beruhigung
festgestellt, daß in A Darker God tatsächlich alle erwähnten
Figuren und Geschehnisse ihren Sinn und Zweck haben und nicht der
ausschließlichen Irreführung des Lesers dienen. Auch ansonsten
präsentiert sich die Geschichte wesentlich besser als die letzte.
Durch ihren Erzählstil, die Wahl und Verwendung von Athen des Jahres
1928 als Kulisse, die Gestaltung ihrer Romanfiguren und den Aufbau der
Handlung vermittelt Cleverly sogar über weite Passagen den Eindruck
eines Kriminalromans, der in den klassischen Zeiten dieses Genres
geschrieben sein konnte. Unterhaltend, spannend und mit reichlich
Gelegenheit für den Leser, um selbst mitzuermitteln, erweist sich A
Darker God als empfehlenswerter historischer Kriminalroman, der
den Leser mit der Reihe um Laetitia Talbot sicher wieder etwas
versöhnen wird.
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