Musicals

 






Sieht man von gelegentlichen Verfilmungen Londoner oder Broadway-Werke ab, so scheinen heute die Kinoleinwände von Musicals gänzlich leergefegt zu sein. Dabei gehörten jahrzehntelang Musik, Gesang und Tanz in einen Großteil der Filme, sogar wenn sie nicht als "Musicals" deklariert waren. Dieses Filmgenre bot dabei nicht nur Sängern und Tänzern -fordergründig die Stars- eine Plattform, sondern auch Komponisten, Textern, Musikern, Choreographen, Bühnen- und Kostümbildnern und Kameraleuten. Das Filmmusical war immer wieder Wiege für famose Aufnahmen, verblüffende Tricks, unverwechselbare Stimmen und furiose Tanzeinlagen. Mit den hier vorgestellten Beispielen kann ich dieses geliebte Genre dabei nur unzureichend würdigen. Hier also die Präsentation meiner persönlichen Lieblinge - und im Hinterkopf die Idee, daß mancher Besucher durch sie auf den Geschmack kommt. 

 

Urlaub in Hollywood/ Anchors Aweigh (1944)

Die beiden Matrosen Joe (Gene Kelly) und Clarence (Frank Sinatra) sind die besten Freunde, seitdem Joe Clarence das Leben rettete. Als das Schiff der beiden in Los Angeles einläuft und sie Landurlaub bekommen, nimmt Clarence Joe wieder in die Pflicht als Lebensretter: Der soll jetzt dem "Chorknaben" Clarence zu einer Freundin verhelfen. Joes eigene amouröse Pläne werden aufs Eis gelegt, als die beiden schon am ersten Abend den kleinen Ausreißer Donald (Dean Stockwell) nach Hause bringen müssen. Dort machen sie die Bekanntschaft der bezaubernden Tante des Jungen, Susan Abbott (Kathryn Grayson), die sich und ihn als Statistin beim Film durchbringt. Allerdings hofft sie auf den Durchbruch als Sängerin, und da Clarence sich sofort hoffnungslos in "Tante Susie" verliebt, verspricht er ihr, ein Vorsingen bei dem Hollywood-Pianisten José Iturbi zu arrangieren. Doch diese Berühmtheit zu treffen, gestaltet sich als gar nicht so einfach, und je länger Joe Clarence "Schützenhilfe" geben muß, umso mehr verliebt er sich selbst in Susan. Farbe, 134 Minuten

"We hate to leave..."  - Nur eines der vielen Duette von Gene Kelly und Frank Sinatra im Film"Du willst also zur Navy?" - Der kleine Ausreißer Donald spielt unwissentlich Schicksal für Joe und ClarenceKathryn Grayson mit einer ihrer Gesangsnummern: Hier interpretiert sie den Tango "Jalousy"
Woher kommt bloß die Energie??? Gene Kelly tanzt furios, ob mit Mann (hier Partner Frank Sinatra)...... Maus (geniale Nummer mit Zeichentrick-Maus Jerry)....... oder dem zarten Geschlecht, hier mit der kleinen Sharon McManus
"Crooner" Sinatra gegen "Klassiker" Iturbi zum Thema Tschaikowsky - "Da müssen Sie sich irren, Kumpel, Freddie Martin hat den Song geschrieben..." -  "Ach, wissen Sie, diese Jungs klauen ja alle voneinander."Happy End mit Joe? Dabei sollte Susan doch Clarence' Mädchen werden...

"Anchors Aweigh" ist ein wunderbares Potpourri aus Gesang, Tanz und oppulenten Instrumentalnummern. Und auch bei den Musikgattungen setzt der Film auf eine gute Mischung: Steptanz, prägnante Märsche, Folkloristisches, Tango, Operette, Klassik... Egal, wohin der Geschmack des Zuschauers tendiert, eine Nummer wird er mit Sicherheit für sich entdecken!

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Der Pirat/ The Pirate (1948)

Die Karibik, zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Die Ära der Seeräuber neigt sich auch hier ihrem Ende zu, nur junge Mädchen wie Manuela (Judy Garland) schwärmen noch romantisch verklärt von deren Taten. Manuela hat es vor allem der berüchtigte "Black Macoco" angetan. Doch um Tante und Onkel aus deren finanziellen Klemme zu helfen, soll sie den reichen aber langweiligen Don Pedro Vargas (Walter Slezak) heiraten. Mit diesem Schicksal hat sich Manuela schon halb abgefunden, als sie in der Hafenstadt der Insel auf Serafin (Gene Kelly), den windigen Chef einer Schauspieltruppe, trifft. Als er bei der verlobten Manuela keine Chance hat und noch dazu von ihrer Schwärmerei für Black Macoco erfährt, reist er ihr kurzentschlossen in ihr Heimatstädtchen nach, gibt sich selbst als der legendäre Pirat aus und versetzt damit alle außer Manuela in eine Heidenangst. Doch so einfach will Don Pedro Serafin weder Manuela noch seine einflußreiche Stellung in der Stadt überlassen: Mit dem zu Hilfe gerufenen Militär will er Serafin an den Galgen bringen - wohlwissend, daß dieser nicht der echte Black Macoco ist. Farbe, 98 Minuten

So hat sich Manuela ihren Ehemann nicht vorgestellt: Statt einen abenteuerlichen Draufgänger soll sie den biederen Don Pedro heiratenGene Kelly alias Serafin in seinem Element: Leicht kann er jede "Niña" um den Finger wickeln....... doch bei Manuela versagt sein Charme! Sie schwärmt nur für den legendären Piraten "Mack The Black"
Gegenseitige Demaskierung: Don Pedro weiß, daß Serafin kein Pirat ist, doch auch Serafin kennt ein dunkles Geheimnis Don PedrosÜberzeugende tänzerische Darstellung eines wilden Piraten!Auch als ihr vermeintlicher Schwarm handelt sich Serafin von Manuela erstmal keine Liebesbezeugungen ein
Galgenhumor im wahrsten Sinne des Wortes: Vor seiner Hinrichtung darf Serafin noch eine letzte Vorstellung geben: Gene Kelly singt und tanzt mit den Nicholas Brothers "Be A Clown""Love Of My Life" - Manuela bekennt öffentlich ihre Gefühle für Serafin. Doch sollte diese Liebe tatsächlich auf dem Schafott enden?

In dieser herrlichen Musical-Komödie zog Gene Kelly sämtliche Register seines Könnens: Charmant, kraftstrotzend und akrobatisch singt, tanzt und schwindelt er sich als Serafin nicht nur in das Herz seiner Filmpartnerin Judy Garland, die als Manuela ebenfalls ungewöhnlich viel Temperament zeigen durfte. Untermalt wurde der Film durch die mal elegante, mal schwungvolle Musik von Komponist Cole Porter.

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Eine Braut für sieben Brüder/ Seven Brides For Seven Brothers (1954)

Oregon um 1850: Als Adam Pontipee (Howard Keel) diesmal von seiner abgelegenen Farm in die Stadt kommt, will er nicht nur Vorräte einkaufen, sondern sucht auch noch eine Frau, die kräftig zupacken kann. In der fleißigen Millie (Jane Powell) hat er die ideale Kandidatin und überredet sie im Handumdrehen, ihn zu heiraten. Was er der jungen Frau allerdings verschweigt, sind seine sechs jüngeren Brüder, die ebenfalls auf der Farm leben und in ebenso verlottertem Zustand sind wie der ganze übrige Haushalt. So ist Millies Enttäuschung groß, als sie erkennen muß, daß Adam sie wohl nur als billige Magd haben wollte. Nach einem holprigen Start aber entwickelt sich das Eheleben der beiden so gut, daß Adams Brüder auch auf den Geschmack kommen. Nur - welches anständige Mädel wirft auf die ungeschliffenen Hinterwäldler auch nur einen zweiten Blick? Auch hier weiß Millie Rat und bringt ihre Schwäger auf Vordermann. Bei einem Scheunenrichtfest sind sie dann soweit, sich in bester Manier zu präsentieren. Und tatsächlich verlieben sie sich rasch in Mädchen aus der Stadt. Doch deren bisherige Galane machen den Pontipees einen Strich durch die Rechnung. Schließlich kann Adam seine liebeskranken Brüder nicht mehr ertragen und ermutigt sie, sich ihre Frauen auf die gleiche Weise zu beschaffen wie die alten Römer beim Raub der Sabinerinnen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion werden die Mädchen aus der Stadt entführt und auf die von der Außenwelt abgeschnittene Pontipee-Farm gebracht. Doch das machen weder die Mädchen mit noch Millie, die sich wegen der gewaltsamen Aktion mit Adam überwirft und die sieben Brüder aus dem Haus wirft. Farbe, 98 Minuten

"Bless Yore Beautiful Hide" - Als Adam die arbeitssame Millie entdeckt, weiß er sofort: Die ist es!"Wonderful, Wonderful Day" - Noch ist Millie überschäumend vor Freude an ihrem Hochzeitstag....
...doch die Ernüchterung kommt rasch: Statt trauter Zweisamkeit mit ihrem Ehemann hat sie noch sechs Schwäger zu versorgenSchwungvoll demonstriert Millie, wie man Mädchen den Hof macht in "Goin' Co'tin'"
Ein Tanz? Nein, schon eher artistische Hochleistung ist die Musiknummer beim Scheunenrichtfest"Lonesome Polecat" - Benjamin, Caleb, Daniel, Ephraim, Frank und Gideon haben nur noch die Mädchen im Kopf
Macht's wie die Römer! Adam erzählt vom Raub der Sabinerinnen in "Sobbin' Women"Nach der Entführung der Mädchen schneidet eine Schneelawine die Pontipee-Farm vom Rest der Welt ab
Auch wenn die Pontipee-Brüder ausgesperrt sind, ihr Charme hat bereits gewirkt: Insgeheim sieht sich jedes der Mädchen schon als "June Bride""Spring, Spring, Spring" - Frühlingsgefühle treiben alle zu Paaren, doch da sind noch die aufgebrachten Familien der Mädchen....

Was ist das Besondere an diesem Musical, das auf einer Farm in den Weiten des Westens spielt, aber fast ausschließlich im Studio gedreht wurde? Es ist natürlich zum einen die Musik - in meinen Augen ist jedes Lied, jede Tanznummer ein Volltreffer, der sich jedem Zuhörer unverwechselbar ins Gedächtnis einbrennt. Doch dazu trägt vor allem die große und großartige Besetzung bei. Zwar ist die Geschichte von Adam und Millie der Angelpunkt der Handlung, doch die sechs weiteren Pontipee-Brüder und ihre Bräute haben eine kaum weniger bedeutsame Rolle. Und was für prächtige Exemplare diese Brüder sind: Man weiß kaum, welchen man zu seinem Favoriten erklären soll! Denn vom klassischen Ballett-, über den Jazz- und Musicaltänzer, bis hin zum veritablen Akrobaten ist hier ein Vertreter jedes Faches. Und all diese Punkte zusammen machen es immer wieder zu einem unglaublichen Vergnügen, dieses Filmmusical anzusehen!

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