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Bollywood ...
"...wir
bringen Farbe in Ihr Leben!"
Verzeihung, jetzt
habe ich eine Shahrukh-Khan-Filmzeile etwas abgewandelt. Sie paßt
aber so schön.
"Wer ist
Shahrukh Khan?"
wird nun fragen, wer sich noch nie zuvor in
diese Filmgefilde vorgewagt hat. Und die Antwort lautet: ein indischer
Schauspieler, ja, sogar der indische Schauspieler der letzten
fünfzehn Jahre, das Aushängeschild, der Kassenmagnet und der Botschafter Bollywoods
beim Rest der Welt!
Fällt etwas auf?
Schreibe ich plötzlich verstärkt in kursiven Lettern und setze
Ausrufezeichen hinter nahezu jeden Satz? Stimmt, denn auch das bringt
Bollywood so mit sich - ein "Mehr" an Emotion, an
Lautstärke, an Musik, die nicht nur dezent im Hintergrund spielt.
Gewirr! Durcheinander! Kulturschock!
Als im November 2004
ein Privatsender mit "Kabhi Khushi Kabhie Gham- In guten wie
in schlechten Tagen" den ersten Bollywood-Film hierzulande
ausstrahlte, öffnete sich für unzählige deutsche Zuschauer das Tor
zu einer komplett anderen Filmwelt, mit einem völlig anderen
Verständnis von "großem" Kino - wenn auch nicht jeder in
ähnlicher Weise darauf reagierte und die Mehrheit der
mitteleuropäischen Kinobesucher und Fernsehzuschauer ihm auch heute
noch eher nichts abgewinnen kann. Bollywood ist für jene, denen seit
"West Side Story" Musik- und Tanznummern als
selbstverständliche Bestandteile eines Unterhaltungsfilms abgehen.
Für jene, die schon immer wissen wollten, wofür der Farbfilm
eigentlich erfunden wurde. Für jene, die einen Film auch am Taschentuch-Bedarf beim Ansehen
messen. Für alle, die
sich in vielen Lebenslagen nicht scheuen zu klotzen statt zu kleckern.
Denn halbe Sachen -
die macht man in Bollywood nicht! Eher wird die Realität in jeder
Beziehung zweifach ausgedehnt. Das gilt für die farbenfrohen
Kostüme, die perfekt gestylten Darsteller, die übergroßen
Kulissen und Bühnen, aber ebenso für die Spielfilmlänge, den Stoff,
der erzählt,
und die Gefühle, die geweckt werden. Auch dabei gibt es eine
ordentliche Portion mehr Drama, mehr Pathos und mehr Intensität als der
gewöhnliche Abendländer vielleicht verträgt. Wäre Bombay/Mumbai in
Griechenland, bräuchte man sich nicht zu scheuen, von einer beinahe
kathartischen Funktion seiner Filme zu sprechen. Sicher, Bollywood
kann auch anders: leiser, bescheidener, mit dem Anspruch, über reine
Unterhaltung hinauszugehen. Doch in den meisten Fällen darf der
Zuschauer einfach mit den Protagonisten leiden oder sich freuen, sich
ergötzen an der Farbenschwemme und sich vom Rhythmus und den Klängen
der Musik einnehmen lassen. Und das tut gut.
Dabei ist mir
durchaus klar, daß ich ein wenig rede wie der Blinde von den Farben,
denn natürlich bekomme ich als durchschnittliche Europäerin nur
einen eingeschränkten und verfälschten Blick auf Bollywood: schon
durch die Tatsache, daß diese Filme nicht für uns als
Zielgruppe produziert werden, sondern für das heimische, indische
Publikum, das ganz anders beurteilt, woran es mit dem, was ihm da
auf der Leinwand geboten wird, ist. Außerdem bekomme ich nur einen
Bruchteil der Filme zu sehen und kann nicht alle Anspielungen, nicht
alle Witze, nicht alle Zitate, die sich auf einen alten Hindi-Film
beziehen, als solche erkennen.
Nicht wenig spielen
Sprache und Synchronisation eine Rolle dabei, wie sich uns ein
Bollywood-Film letztendlich präsentiert. Ich selbst
spreche kein Hindi (obwohl sich mein Vokabular durch diese Streifen in
den letzten Jahren von Null auf ein gutes Dutzend Wörter erweitert
hat) und muß mich völlig auf die sorgfältige Arbeit der
Synchronstudios verlassen, wo die deutschen Stimmen ausgewählt werden
und an den deutschen Dialogen gefeilt und geschliffen wird, bevor der
Film bei uns in die Kinos oder das Fernsehen kommt. Aber selbst im
gelungensten Fall wird, allein durch diese letzte Bearbeitungsstufe,
der Streifen erheblich vom Original abweichen.
Und noch eines muß
dem Zuschauer bewußt sein: Bollywood spiegelt selten die unverzerrten
Gegebenheiten des Alltags wider -weder die der Inder in Indien und
schon gar nicht unsere westlichen. Aber es läßt dennoch auf vieles einen
Rückschluß zu - gerade weil seine Filme sind, wie sie sind,
und in beiden Kulturkreisen solch unglaublichen Erfolg haben. Warum?
Nun, Bollywood zielt nicht zuerst auf den kühlen Verstand des Zuschauers, sondern
auf seine Seele. Und bringt einfach mehr... Leben
in das Leben.
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Kabhi
Khushi Kabhie Gham
- In guten wie in schweren Tagen (2001)
Alles
im Leben der Raichands scheint perfekt: Das millionenschwere
Familienunternehmen wird von Vater Yash (Amitabh Bachchan) erfolgreich
geführt, in Nandini (Jhaya Bhaduri) hat er eine liebevolle Ehefrau
und in Rohan (Hrithik Roshan) einen Vorzeigesohn, der gerade aus dem
College zu seiner Familie heimkehrt. Just da beginnt die schöne
Fassade aber auch zu bröckeln, als Rohan nämlich von seinen
Großmüttern zufällig erfährt, warum sein älterer Bruder Rahul
(Shahrukh Khan) vor zehn Jahren aus ihrer aller Leben sang- und
klanglos verschwand. Damals war Rahul der ganze Stolz seines Vaters
und seine Zukunft von diesem schon fest geplant: Der junge Mann sollte
in das Unternehmen einsteigen und seine Jugendfreundin Naina (Rani
Mukherjee) heiraten. Dann aber lernte Rahul Anjali (Kajol) kennen, die
Nichte seiner einstigen Kinderfrau Sayeeda (Farida Jalal). Er
verliebte sich in das lebensfrohe aber ganz und gar
unstandesgemäße Mädchen und heiratete sie gegen den ausdrücklichen
Willen seines Vaters. Enttäuscht und in seiner Autorität verletzt,
verstieß Yash Raichand daraufhin seinen Ältesten und brach damit
auch das Herz seiner Frau Nandini. Da Rohan nun die Wahrheit über die
Ereignisse kennt, ist er entschlossen, seinen Bruder wieder
zurückzuholen und ihn mit seinem Vater auszusöhnen. Seine Suche
führt ihn nach London. Hier lebt Rahul mit Anjali, deren jüngeren
Schwester Pooja (Kareena Kapoor) und Sayeeda, hat einen Sohn und
führt ein scheinbar glückliches Leben fern seiner Familie. Pooja
allerdings ahnt, wie sehr er seine Eltern vermissen muß, und so
braucht es nicht viel Überredung, damit sie sich mit Rohan
verschwört und einen Plan schmiedet, um die beiden Brüder
zusammenzubringen: Dazu schleust sie erstmal Rohan unter falschem
Namen als Gast in Rahuls Haus ein... 210
Minuten
Kabhi
Khushi Kabhie Gham (kurz:3KG oder KKKG) muß hier
natürlich als erster meiner favorisierten Bollywood-Filme vorgestellt
werden. Nicht nur, weil er in der Tat der erste war, den ich zu sehen bekam, sondern weil er in Reinkultur alles
in sich vereinigt und bietet, was allgemein als typische Zutat eines
Bollywood-Films gilt: Mit dreieinhalb Stunden ist er -selbst für
indische Verhältnisse- an der Obergrenze der zumutbaren
Spielfilmlänge, aber in diesen dreieinhalb Stunden wird dem Zuschauer
alles geboten: ein Riesenaufgebot an Altstars und Newcomern,
palastartige Kulissen, wirbelnde Tänze und eindringliche Musiknummern
an exotischen Schauplätzen, Kostüme im gesamten Farbspektrum und
nicht zu vergessen die volle Bandbreite menschlicher Emotionen plus
etwas mehr. Zugegeben, es waren auch einige Posen, Dialoge und
Kostüme dabei, die eher peinlich berührten... Fazit aber bleibt:
Wenn der halbwegs beherrschte Europäer bei diesem Streifen nicht aus
rührseligen Gründen in Tränen ausbricht, dann zumindest, weil er
von dieser gleichzeitigen Überladung aller seiner Sinnesorgane
schlichtweg außer Gefecht gesetzt wird. Und obwohl ich mich zu den
reservierteren Menschen dieses Planeten zähle, muß ich gestehen,
daß ich bei meiner ersten Begegnung mit Bollywood nicht wenige
Tränchen verdrückt habe - und trotzdem von da an begeistert nach mehr
rufe.
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Die Musik im Film:
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Kuch
Kuch Hota Hai -
Und ganz plötzlich ist es Liebe/
Hochzeit auf
Indisch (1998)
Vor
nahezu acht Jahren starb Rahul Kannas (Shahrukh Khan) Ehefrau Tina
(Rani Mukherjee) kurz nach der Geburt ihrer Tochter. Was die kleine
Anjali (Sana Saeed) über ihre Mutter weiß, erfährt sie aus den
wenigen Briefen, die Tina ihr hinterließ und von denen sie jeweils
einen an ihrem Geburtstag ausgehändigt bekommt. Im letzten dieser
acht Briefe richtet sich Tina mit einem ungewöhnlichen Wunsch an ihre
Tochter: Sie soll ihren Vater mit einer gewissen Anjali wieder
zusammenbringen. Die burschikose Anjali Sherma (Kajol) war auf dem
College nämlich Rahuls bester Kumpel. Erst als er Tina begegnete und
sich in sie verliebte, erkannte Anjali, daß sie für Rahul mehr als
nur Freundschaft empfand. Schnell aber war ihr klar, daß ihre Gefühle
nicht erwidert wurden. So verließ Anjali das College und machte den
Weg für die Beziehung der beiden frei. Tina wiederum war bewußt,
daß Rahul von da an immer etwas in seinem Leben fehlen würde. Nun
macht sich ihre Tochter auf, um den Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen
und Anjali zu finden. Dabei hat sie vor allem in ihrer Großmutter
(Farida Jalal) eine wertvolle Verbündete bei dem Vorhaben. Die beiden
schleichen sich in das Feriencamp, in dem Anjali jeden Sommer Kinder
betreut, und locken dann Rahul ebenfalls dorthin. Das Wiedersehen der
beiden scheint von da an wie am Schnürchen zu laufen. Bis Aman Mehra
(Salman Khan) auftaucht - Anjalis Verlobter! 177
Minuten
Was
Kuch Kuch Hota Hai für mich zu einem besonderen
Bollywood-Film macht, fällt erst beim zweiten oder dritten Ansehen
auf: Es gibt viel Drama im Leben der zentralen Figuren, viele
tragische Dinge stoßen ihnen zu, sie lieben, müssen verzichten,
verlieren den geliebten Menschen. Und dennoch ist nicht eine einzige
Rolle als Bösewicht angelegt: Aman zum Beispiel, gespielt von Salman
Khan, ist ein witziger und netter Typ und zeigt so viel Liebe für seine Verlobte, daß
man Rahul gar nicht aus ganzem Herzen die Daumen drücken mag, damit am Ende
er Anjali bekommt. Ähnliches könnte man auch über
Rani Mukherjees Rolle sagen: Hier bekommt sie Shahrukh Khan bzw. Rahul
zwar, aber es ist ihr nicht vergönnt, ihn auch zu behalten. Als
Anjalis "Rivalin" auf dem College möchte man sie gar nicht
bezeichnen, so verständnisvoll wie die Autoren ihre Rolle angelegt
haben. Niemand ist bösartig, intrigant, hinterhältig oder lebt
irgendwelche anderen üblen Charakterzüge aus, keiner schadet
willentlich dem anderen, alle Konflikte und Schwernisse sind rein
schicksalhaft. Und das ist ein weiteres Merkmal, das in vielen
Bollywood-Filmen auftaucht: das Eingreifen einer Macht, die außerhalb
des Einflusses aller Beteiligten steht und ihr Spiel mit ihnen treibt.
In Bollywood und in einer Kultur, die solchen Kräften noch eine weit
größere Bedeutung zugesteht als unsere westliche, funktioniert das
Konzept, es ist sogar ein sehr hilfreiches Mittel, nicht nur um
Spannung aufzubauen, sondern auch für den Zuschauer, denn der fühlt
nur umso mehr mit den Protagonisten, zürnt den Umständen und freut
sich, wenn trotz allem ein Happy-End zustande kommt. Und wenn ich
über einige Albernheiten im Drehbuch hinwegsehe, genieße ich die
knapp drei Stunden dieses Films jedes Mal.
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Die
Musik im Film:

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Chori
Chori Chupke Chupke -
Das Liebesdreieck (2001)
Der
alte Familienpatriarch Kailashnath Malhotra (Amrish Puri) ist ein
schwerreicher Unternehmer. Bei seinen Angestellten ist er angesehen,
und von den Mitgliedern seiner Familie wird er geliebt. Nur eines
fehlt ihm noch zum perfekten Glück: die Geburt eines Urenkels zu
erleben. Dafür muß er sich schon einiges einfallen lassen, denn sein
einziger Enkel Raj (Salman Khan) läßt sich erst von der Familie
verkuppeln, als er der reizenden Priya (Rani Mukherjee) begegnet.
Hochzeit, Flitterwochen und das erste Jahr erlebt das junge Paar
glücklich und sorgenfrei im Kreis der liebenden Familie. Als Priya
auch noch schwanger wird, ist die Freude bei allen grenzenlos. Doch
das Glück hält nicht: Bei einem Sturz verliert Priya nicht nur das
Ungeborene, sondern erhält auch noch die niederschmetternde Diagnose,
nie wieder ein Kind bekommen zu können. Da sein Großvater diese
Nachricht nicht überleben würde, halten Raj und Priya ihren Zustand
vor der Familie geheim. Neben der Trauer um das verlorene Baby macht
Priya auch das Wissen zu schaffen, daß sie die Erwartungen nach einem
Urenkel niemals erfüllen wird. Eine Idee allerdings gibt ihr
Hoffnung: Eine andere Frau soll Raj' Kind heimlich austragen.
Widerwillig stimmt ihr Ehemann zu und macht sich auf die Suche nach
einer geeigneten Leihmutter. Fündig wird er bald in dem leichten
Mädchen Maddhubala (Preity Zinta), die in zwielichtigen Bars als
Tänzerin arbeitet und sich gegen Bezahlung auf das Vorhaben
einläßt. Die Übernahme eines Geschäftszweiges in Europa dient als
Vorwand, damit Raj und Priya in die Schweiz ziehen. Hier soll Madhu
das Baby austragen, während man der Familie in Indien berichtet,
Priya sei erneut schwanger. Anfangs entwickelt sich alles wie geplant,
aber dann kompliziert sich die Situation zunehmend, je besser Madhu
die beiden kennenlernt. Als sie sich in Raj verliebt, kann sie sich
nicht länger vorstellen, ihn und ihr Baby nach der Geburt Priya zu
überlassen... 159 Minuten
Kann
Bollywood in seiner gewohnten Art mit Musik, Tanz und Gesang fröhlich
unterhaltend sein, zugleich so ein heißes Eisen anfassen wie das
Thema Leihmutterschaft und das stimmig unter einen Hut bringen? Auf
das Resultat eines solchen Filmprojekts war ich neugierig. Chori
Chori Chupke Chupke entpuppte sich dabei als ein verblüffender
Film. Ja, es sind alle gewohnten Elemente Bollywoods enthalten. Ja,
man hat seinen ganz ureigenen Weg gefunden, ein heikles Thema
umzusetzen. Und ja, es gibt eine zufriedenstellende Lösung am Ende
des Films - wenn auch eine, die vielleicht nur in Bollywood eine
Lösung darstellen kann. Aber die Macher haben zugleich auch mit
ungewohntem Fingerspitzengefühl gearbeitet, eine Nuance ruhiger,
leiser als gewohnt. Daß der Streifen eine dem Thema angemessene Tiefe
hat und dennoch unterhaltend bleibt, ist seine herausragendste
Eigenschaft. Dem Filmkenner werden außerdem die üppigen Anleihen aus
Pretty Woman sicher nicht entgehen, aber wodurch Chori
Chori Chupke Chupke sich vor allem auszeichnet, sind die
Darsteller. Und besonders fällt da Preity Zinta auf. Sie ist eine
höchst interessante Erscheinung des Bollywood-Kinos und mir in diesem
Film zum ersten Mal untergekommen. Bereits hier aber zeigt sich, was
ihre Besonderheit ausmacht: ihr Mut zu Rollen abseits jenes idealen Frauenbildes, welches nicht nur in Bollywoods Filmwelt, sondern in
Indien allgemein noch weitverbreitet ist. Preity Zinta wagt es in fast
allen ihren Filmen anders zu sein: Sie spielt das leichte Mädchen
ebenso überzeugend wie die Karrierefrau, die studierte junge
Aktivistin oder Ehefrauen und Mütter, die
selbstbewußt, modern, emanzipiert, westlich inspiriert oder gar schon
korrumpiert sind und dadurch das herkömmliche Rollenbild des indischen
Mannes ebenfalls in Frage stellen. Womit sich Preity Zinta sicher nicht nur
Sympathien bei den Zuschauern erwarb und erwirbt. Aber womit sie für
eine weitere Facette im indischen Film sorgt. Eine allemal sehenswerte.
Die Musik im Film:

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Paheli
- Die Schöne und der Geist (2005)
Es
war einmal irgendwann in Indien: Die schöne junge Lachchi (Rani
Mukherjee) sieht voller Freude und Erwartung ihrer Hochzeit mit Kishan
(Shahrukh Khan) entgegen, dem Sohn des reichen Kaufmanns Bhanwarlal
(Anupam Kher). Doch die Ernüchterung folgt rasch: Kaum hat Kishan sie
heimgeführt, verkündet er ihr auch schon, daß er am nächsten Tag
für fünf Jahre wegen Geschäfte auf Reisen gehen wird. Daß er das
Geldverdienen über das Wohl seiner jungen Braut stellt, kann ein
Geist, der den Hochzeitszug des Paares beobachtet und sich dabei in
die schöne Lachchi verliebt hat, nicht verstehen. Und so nimmt er
Kishans Gestalt an und kehrt an seiner Stelle zurück, um Lachchi zu
trösten und ihr seine Gefühle zu gestehen. Im ersten Moment ist
diese zwar erschrocken, doch sehnt sich die junge Frau zu sehr nach
Liebe, um den Geist zurückzuweisen. Und so bleibt der Geist und
kümmert sich in Abwesenheit des echten Kishan auch um die Sorgen der
anderen Familienmitglieder: den Reichtum Bhanwarlals mehrt er im
Schlaf, das Ansehen der Familie wächst mit jeder guten Tat, die der
Geist als Kishan vollbringt. Auch das Leben seiner Schwägerin
Gajrobai (Juhi Chawla) und ihres Sohnes, die von Kishans Bruder (Sunil
Shetty) vor Jahren verlassen wurden, wird wieder mit Freude und
Hoffnung gefüllt. Aber sowohl Lachchi wie der Geist wissen um die
Zerbrechlichkeit ihrer Beziehung, denn die Rückkehr des echten Kishan
muß unweigerlich alles zerstören. Dennoch trifft der gefürchtete
Moment beide unerwartet und machtlos an... 134
Minuten
Paheli
ist ein wahrhaft märchenhafter Film, dazu trägt nicht nur
das offensichtlichste Element wie ein Geist mit magischen
Fähigkeiten als Hauptfigur bei, sondern auch Kostüme und
Kulissen, die Musik und die Verlegung der Handlung in eine
nicht näher bestimmbare Zeit. Die Geschichte selbst ist
hingegen vollkommen zeitlos: eine Ehe, die von einem Partner
mit den höchsten Erwartungen eingegangen wird, während der
andere völlig gegensätzliche Ziele und Prioritäten hat.
Für die Konflikte, die aus dieser Konstellation entstehen,
zeigt Paheli Hilfe von einer Seite, die vordergründig
wirklich nur in einem Märchen vorkommen kann: Magie.
Hintergründig betrachtet aber ist die Lösung viel
alltäglicher und realisierbarer: die Liebe zwischen zwei
Wesen, denen das Glück des Anderen das Wichtigste auf der
Welt ist. So ist die Kernaussage des Films, daß eine solche
Liebe (fast) alles möglich machen kann... Aber weg von
philosophischen Interpretationen, denn selbst ohne sie ist
Paheli ein wunderbar unterhaltsamer, farbenfroher, witziger
und romantischer Film, der mit einem großartig aufspielenden
Darsteller-Traumpaar Shahrukh Khan und Rani Mukherjee,
traumhaften Szenen und Einstellungen, sensiblen Dialogen und
einprägsamen Musiknummern glänzt und immer wieder zum
Ansehen gut ist.
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Die
Musik im Film:

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Aaja Nachle
- Komm, tanz mit mir (2007)
Als junge Frau war Dia
Srivastav (Madhuri Dixit) die talentierteste Tänzerin im Ajanta,
dem Freilichttheater ihrer Heimatstadt Shamli. Schon damals
teilte nicht jeder ihre Begeisterung für Gesang und Tanz so
sehr wie ihr Lehrer Guru Makarand (Darshan Jariwala) oder ihre
beste Freundin Najma (Diviya Dutta): Dias Eltern hätten sie lieber als brave Frau des jungen Gastwirts Mohan
(Ranvir Shorey) gesehen. Als sich Dia aber in den New Yorker
Photographen Steve verliebte und mit ihm nach Amerika
durchbrannte, war nicht nur ihr eigener Ruf, sondern auch der
des Ajanta ruiniert. Elf Jahre später ist Dia eine erfolgreiche
Choreographin in New York. Hier erreicht sie der verzweifelte
Anruf des Doktors (Raghubir Yadhav), der sie nach Shamli ruft,
weil ihr Lehrer im Sterben liegt. Makarand hatte es nicht mehr
geschafft, das Ajanta als Kulturstätte für die Stadt zu
retten. Nun soll Dia diese Aufgabe übernehmen. Doch Shamli
heißt sie und ihre kleine Tochter Radha (Dalai) nicht gerade
mit offenen Armen willkommen: Ihre Eltern sind weggezogen, Najma
mit dem berechnenden Geschäftsmann Farooq (Irfan Khan)
verheiratet, und der smarte Abgeordnete Raja Uday Singh
(Akshaye Khanna) hält schon die Abrißgenehmigung für das
Ajanta in den Händen, um auf dem Grundstück ein
Einkaufszentrum zu errichten. Beharrlich erstreitet Dia
sich von ihm eine Frist von zwei Monaten, in der sie beweisen
muß, daß den Einwohnern von Shamli das Theater doch noch am
Herzen liegt: Wenn es ihr in dieser Zeit gelingt, ein Stück
aufzuführen, in welchem ausschließlich die Bürger der Stadt
mitwirken, darf das Ajanta weiter bestehen bleiben. Schon
die Suche nach den Darstellern für das Traditionsstück Laila
und Majnu wird zur Herausforderung, die finden sich aber
aus den unterschiedlichsten Beweggründen nach und nach ein: So muß
-mehr
unwillig als freiwillig- der hitzköpfige Imran (Kunal Kapoor)
die männliche Hauptrolle übernehmen und ausgerechnet die
burschikose Anokhi (Konkona Sen Sharma), die heimlich in ihn verliebt
ist, seinen weiblichen Gegenpart. Selbst der anfangs noch
feindlich eingestellte Bürgermeister Chaudhary Om Singh
(Akhilendra Mishra), der stockbiedere Beamte Chojar (Vinay
Pathak) und sogar der einst verschmähte Mohan bringen sich
ein. Dumm nur, daß die ganze Truppe vom Tanzen keine Ahnung
hat, Farooq gegen das Ajanta intrigiert und Dia sich erst der
privaten Sorgen ihrer Darsteller annehmen muß, wenn die
Aufführung eine Chance haben soll... 135 Minuten
Aaja
Nachle war das Comeback eines für mich ganz besonderen
Bollywood-Stars: Madhuri Dixit. Diese erfahrene
Schauspielerin und Tänzerin ist seit nunmehr zwanzig Jahren
immer wieder vor allem für Filme gut, die durch Tanznummern
jenseits der gerade angesagten Trends glänzen. Madhuri
Dixit steht eher für einen Tanzstil der klassischen Schule,
und das tut gut, wenn der Zuschauer sonst viel zu oft mit
Nummern bedient wird, die auch als MTV-Musikvideos laufen
könnten. Auch in Aaja Nachle blieb Madhuri ihrem
Stil treu und erfreut -abgesehen von "Dance With
Me" gleich zu Beginn des Films (das aber Dia in ihrer
Eigenschaft als Choreographin in New York zeigt)- mit
mehreren wunderbar anmutigen, mal bedächtigen und mal
fröhlichen, flotten Tanzeinlagen. Auch der restliche Film ist
pure gute Unterhaltung. Das ist einer Riege sympathischer
Darsteller und einer Geschichte zu verdanken, die angenehm
glaubwürdig und ohne krampfhafte Übertreibung erzählt
wird. Für Romantik ist mit den Figuren von Imran und Anokhi
gesorgt, die von Jungstars Kunal Kapoor und Konkona Sen
Sharma wunderbar herübergebracht werden, und der Humor kommt auch
nicht zu kurz durch die einzelnen Mitglieder von Dias bunt zusammengewürfelter Laien-Truppe. Mehr als viele andere
Bollywood-Filme ist Aaja Nachle aber eben wegen der
Musik und der Tänze ein Schmaus für Augen und Ohren und
hätte -für mich persönlich- ruhig etwas länger ausfallen
können als seine 135 Minuten.
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Die Musik im
Film:

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Jodhaa
Akbar (2008)
Indien zur
Mitte des 16. Jahrhunderts: Als Dreizehnjähriger wurde der
junge Jalaluddin Mohammad Akbar (Hrithik Roshan) Erbe des
Mogulreichs. Aber selbst als Erwachsener muß er noch gegen
die Einflußnahme von Seiten seines Feldherrn Bairam Khan
(Yuri Suri), seines Hofstaats und seiner Familie kämpfen, um
als souveräner Herrscher seine eigenen Visionen für das
Reich durchzusetzen. Diese beinhalten die Eroberung ganz
Hindustans, doch bei den stolzen Rajputen stößt der
Großmogul auf unerbittlichen Widerstand. Ein Zufall spielt
Jalaluddin in die Hände und eröffnet ihm einen anderen Weg:
Weil der Rajputenkönig Bharmal von Amer (Kulbhushan Kharbanda)
seinen Neffen Sujamal (Sonu Sood) als legitimen Thronfolger
übergeht, wendet dieser sich im Kampf um den Thron
hilfesuchend
an Jalaluddins Schwager, den machthungrigen Provinzverwalter Sharifuddin
Hussain (Nikitin Dheer). Um das Königreich nicht in einen
blutigen Krieg zu verwickeln, entscheidet sich Bharmal, Amer
unter die Oberhoheit des Großmoguls zu stellen und -da sich
alle anderen Rajputenfürsten bei diesem Plan gegen ihn wenden- das politische Bündnis durch ein familiäres zu
stärken, indem er Jalaluddin die Heirat mit seiner Tochter Jodhaa (Aishwarya
Rai Bachchan) anträgt. Während Jalaluddin bereit
ist, aus politischen Gründen diese Ehe einzugehen, sträubt
sich Jodhaa verzweifelt gegen die Verbindung mit einem Muslim, erstreitet sich zur Bewunderung Jalals sogar
erst von ihm das Recht, ihre Religion und ihre Bräuche auch am Mogulhof weiter
ausüben zu dürfen. Diese rein politische Ehe, in der sich
die zwischenmenschlichen Beziehungen zunächst gar nicht
entwickeln, ist
vielen ein Dorn im Auge und wird am Mogulhof
argwöhnisch betrachtet: Geradezu eifersüchtig wacht Jalals
Ziehmutter und Ratgeberin Maham Anga (Ila Arun) über den
Herrscher, die Mullahs empören sich gegen eine hinduistische
Mogulkaiserin, und sowohl Sharifuddin wie Maham Angas Sohn
Adham Khan (Shaji Chaudhary) gieren selbst nach der Herrschaft
im Reich und sehen Jalals Verbindung mit Jodhaa als Bedrohung.
Intrigen und Attentate scheinen die Kluft zwischen Jodhaa und Jalal
nur noch weiter zu vergrößern... 205 Minuten
Schon bevor Jodhaa
Akbar in den Kinos erschien, stand der Film in der Kritik
und wurde vom indischen Publikum
zwiegespalten aufgenommen. Regisseur Ashutosh Gowariker wurde
vorgeworfen,
Geschichtliches verdreht und sich zu viele Freiheiten beim
Skript genommen zu haben. Dadurch hatte das Team verschiedene Bevölkerungsgruppen
vor den Kopf gestoßen und der Streifen einen denkbar
schlechten Start. Auch wenn Regisseur und Film durch die
zahlreichen Filmpreise und Auszeichnungen schon wieder
rehabilitiert wurden, kam Jodhaa Akbar im
Ausland doch wesentlich besser an als in der Heimat. Bei mir auf
alle Fälle. Unzählige Male habe ich ihn mir inzwischen schon
angesehen und bin noch immer ebenso beeeindruckt wie beim
ersten Mal. Auch wenn ich die Schwächen dieses Monumentalepos'
durchaus sehe, tun sie seinem Unterhaltungswert
in meinen Augen keinen Abbruch, denn die starken Seiten
wiegen sie wieder auf. Sicherlich wurden geschichtliche
Ereignisse teils unterschlagen, teils in der Reihenfolge
geändert, unbelegte oder unter Historikern
umstrittene Punkte eigenmächtig ausgelegt,
historische Figuren weggelassen. Das ist schon aus
Zeitgründen bei jedem Historienfilm unvermeidbar. In den dreieinhalb Stunden
von Jodhaa Akbar wird aber auch deutlich, daß Gowariker
willentlich viele durchaus interessante Randthemen einer
einzelnen, ihm wichtigen Haupterzählung untergeordnet
hat: der Beziehung zwischen der
Rajputenprinzessin Jodhaa und dem Großmogul Jalaluddin
Mohammad Akbar, die repräsentativ für viele
Liebesgeschichten stehen kann,
die zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen und
Religionen zustande kommen. Und diese Darstellung ist gelungen: Nicht nur durch die Ausstattung, für die man
sichtlich keine Kosten gescheut hat, sondern auch durch ein
Drehbuch, das bei aller vorgeworfenen Subjektivität um eine
abgerundete Darstellung der Charaktere bemüht war, gelang den
Schauspielern eine imposante schauspielerische Leistung,
insbesondere Hrithik Roshan, der den jungen Großmogul mit
seinen vielen widersprüchlichen Seiten glaubwürdig
verkörperte: mal Idealist, mal Pragmatiker - je nachdem, was seine Ziele
gerade erforderten. Er selbst ein Analphabet,
aber Förderer der Künste. Großzügig und nachgiebig im
einen Moment, unerbittlich und grausam im nächsten. Eitel,
aber sich seiner Fehler
bewußt. Religiös, aber auch in dieser Hinsicht
aufgeschlossen. Und jemand, der
zeitlebens manipulierbar blieb - nicht immer von den richtigen
Personen und manchmal mit fatalen Folgen... Seinen Gegenpart
übernimmt Aishwarya Rai Bachchan als Jodhaa, und für mich
ist sie nicht minder überzeugend als stolze
Rajputenprinzessin, die ihre Wertvorstellungen nicht aufgeben
will und auf subtile Weise, Schritt für Schritt nicht nur
für Jalaluddin ein Maßstab, eine Art Gewissen wird, sondern
auf den gesamten Mogulhof eine nachhaltige Wirkung ausübt.
Nur auf ihre Schwertkämpfe sollte man nicht zu genau achten -
hier kommt bei Aishwarya nämlich zu sehr die Tänzerin mit
Bewegungen zum Vorschein, die in einem Zweikampf völlig
unangebracht sind. Aber die Chemie zwischen Hrithik und
Aishwarya stimmt, und es ist eine Freude zuzuschauen, wie sie
ganze Szenen allein durch kleinste Gesten und Blicke und fast ohne
ein Wort Dialog tragen können!
Jodhaa Akbar ist ein Ausstattungsfilm, keine
Dokumentation, ganz unbestritten. Er lebt von den imposanten
Schlachtszenen, den opulenten Kostümen und Juwelen, den
noblen Kulissen und Drehs an Originalschauplätzen und von der
Ausstrahlung seiner Hauptdarsteller. Aber wenn ein Film neben
so viel Genuß fürs Auge außerdem erreichen kann, daß sich
die Zuschauer mit der Geschichte, mit der Historie, auf
der der Streifen beruht, auch nach dem Kino noch
auseinandersetzen, dann macht ihn allein das schon kostbar. In
mir hat er das Interesse an der Geschichte der Moguln
jedenfalls geweckt. Und sein Unterhaltungswert steht für mich
ohnehin ganz außer Frage.
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Die Musik im
Film:

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Kabhi
Kushi Kabhie Gham/
In guten wie in schweren Tagen
Kuch
Kuch Hota Hai/
Und ganz plötzlich ist es Liebe/ Hochzeit auf Indisch
Chori
Chori Chupke Chupke/
Das Liebesdreieck
Paheli/
Die Schöne und der Geist
Aaja
Nachle/
Komm, tanz mit mir
Jodhaa
Akbar
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Mantel-und-Degen
Musicals
Piraten
Bollywood
Nicht
verpassen!
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