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The
Beekeeper's Apprentice or
On The Segregation of the Queen
1994
Deutsche Übersetzung: Die
Gehilfin des Bienenzüchters
Rowohlt,
1997; ISBN: 3499138859
Kategorie: Detektive in England/ Historischer Krimi/
Sherlock
Holmes
Zeit: Erster Weltkrieg |
England 1915: In
Sussex begegnet die fünfzehnjährige Mary Russell dem berühmten
Sherlock Holmes. Der Detektiv hat sich aus dem Beruf zurückgezogen
und widmet sich nun der Bienenzucht. Doch von Marys Denkleistungen ist
er schon bei der ersten Begegnung angenehm überrascht und gefordert.
Und so entwickelt sich während der Jahre des Ersten Weltkriegs
zwischen den beiden ungewöhnlichen Menschen eine ebenso ungewöhnliche
Beziehung: Mehr und mehr wird Mary zu einer Art Lehrling des großen
Detektivs. Drei Jahre später ist es dann soweit, daß Russell mit
Holmes die ersten gemeinsamen Fälle lösen kann. Dabei bekommen es
die beiden auch mit einem geheimnisvollen Gegner zu tun, der ihren Weg
immer wieder kreuzt und sogar ihr Leben und das ihrer langjährigen
Freunde Dr. Watson und Mrs. Hudson bedroht.
Es
ist selten ein Glücksgriff, berühmte literarische Figuren von
anderen Autoren aufgreifen und ihre Geschichte weiterspinnen zu
lassen: Sie sind immer das Produkt des ursprünglichen Verfassers,
entwickelt zum Zweck einer bestimmten Botschaft, in einem besonderen
Stil und für Leser eines bestimmten Kulturkreises ihrer
Entstehungszeit. Das bedeutet nicht, daß sie nicht auch noch zu
anderen Zeiten die Leserschaft finden, die sie zu schätzen weiß,
und die Abenteuer von Sherlock Holmes sind ganz gewiß zeitlos.
Deshalb muß man an den Roman von Laurie R. King mit Bedacht
herangehen: Obwohl sie die Abenteuer von Holmes und Russell in einer
dem ursprünglichen Stil angepaßten Art erzählt, hat sie
andererseits zu viel verändert, um sie den Sherlock-Holmes-Fans der
alten Zeit leicht verdaulich zu machen. Holmes wird aus seinem London
der Gaslaternen, des Nebels und der Pferdedroschken entwurzelt und
mehr als zwanzig Jahre nach seinen berühmtesten Fällen auf das
englische Land versetzt. Er bekommt eine Partnerin, noch dazu eine
sehr junge Frau, die in dem Roman bald die eigentliche Hauptfigur
darstellt, was die Erzählung in der ersten Person noch verstärkt,
und zu oft den Meisterdetektiv degradiert. Daß Holmes auf seine späten
Jahre nachläßt, baut die Autorin einmal zu oft ein, so daß die überaus
selbstbewußte blutjunge Protagonistin einiges an Sympathie beim Leser
verliert. Der interessante Ansatz der Autorin, Holmes eine weibliche
Partnerin an die Seite zu stellen, rechtfertigt sicher, die anderen
wohlbekannten Figuren Arthur Conan Doyles (besonders Dr. Watson) in
den Hintergrund rücken zu lassen, die erzählten Abenteuer sind für
eine "Anfängerin", die sich im Laufe des Romans steigert,
gut ausgewählt und realistisch (wenn man auch wünschen könnte, das
Intermezzo in Palästina hätte den angedeuteten Fall in vollem Umfang
wiedergegeben - wozu sonst die exotische Kulisse?), und so bleibt zu
hoffen, daß Laurie R. King in den weiteren Abenteuern von Holmes und
Russell die erwähnten Schwächen in diesem ersten Roman vermeidet.
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