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Soulless
Orbit, 2009; ISBN: 03160556632
Deutsche Übersetzung:
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Kategorie: Steampunk/ Paranormal/ Alexia Tarabotti
Zeit: letztes Drittel des 19. Jahrhunderts |
Im
viktorianischen England einer alternativen Welt haben sich
übernatürliche Arten wie Geister, Vampire und Werwölfe weitgehend
in der Gesellschaft integriert. Aber es gibt natürlich auch
Richtlinien und Gesetze, um das Zusammenleben dieser Wesen mit den
Menschen zu regeln. Für deren Einhaltung sorgt das BUR, das Bureau of
Unnatural Registry, unter der Leitung des Alpha-Werwolfs Lord Maccon.
Und obwohl Alexia Tarabotti zu keiner der zuvor genannten Arten
zählt, fällt auch sie unter seine Zuständigkeit. Denn Miss
Tarabotti haftet neben mehreren offensichtlichen Unzulänglichkeiten
bezüglich des gerade angesagten Schönheitsideals und einigen
gesellschaftlichen Makeln, die sie zum altjüngferlichen Blaustrumpf
abstempeln, auch der eines "preternaturals" an, eines ohne
Seele geborenen Menschen. Das macht sie höchst gefährlich, denn
durch ihre bloße Berührung vermag Alexia, Vampire und Werwölfe in
ihre menschliche -und damit sterbliche- Form zurückzuwandeln.
Diese potentielle Gefahr ist eigentlich jedem Übernatürlichen
bekannt, und so ist Miss Tarabotti durchaus pikiert, als sie bei einer
Abendgesellschaft von einem scheinbar unwissenden Vampir attackiert
wird und gezwungen ist, ihm mit einigen gezielten Schlägen ihres
Sonnenschirms eine Lektion in korrektem Benehmen zu erteilen - leider mit
fatalem Ausgang für den Blutsauger. Unweigerlich muß der Vorfall
Lord Maccon und seinen Assistenten Professor Lyall auf den Plan rufen,
die diesen völlig unbegreiflichen Angriff eines aus dem Nirgendwo
kommenden unbekannten Vampirs untersuchen. Als sich Miss Tarabotti
nicht nehmen läßt, ihre eigenen Nachforschungen in dem Fall
anzustellen, ist bei jedem ihrer Aufeinandertreffen mit Lord Maccon
ein -nach britischen Maßstäben- höchst hitziger Schlagabtausch
bereits vorprogrammiert. Doch während sie gemeinsam nach
verschwundenen Vampiren und Werwölfen forschen, sich gegen
bedrohliche Erfindungen und mysteriöse Verfolger erwehren, sprühen zur Verwunderung der beiden bald auch
Funken ganz anderer Art zwischen ihnen.
Mit
diesem Roman habe ich mich das erste Mal als Leser mit der Gattung
"Steampunk" befaßt. Die Erfahrung war überraschend positiv
und wurde mir einfach gemacht, weil sich in Soulless auch noch
Kennzeichen anderer Genres mit Steampunk mischen, wie z.B. die des
Fantasy-, Grusel- oder Liebesromans. Dadurch läßt sich zwar nicht
beurteilen, inwieweit dieses Buch typisch für das Genre ist, macht es
aber zur idealen Einsteigerlektüre für Leser, die aus genannten
anderen Bereichen stammen und die Bandbreite ihres Lesestoffes
ausweiten möchten. Gail Carrigers Erstlingswerk leitet die Reihe um Miss Alexia Tarabotti ein, die als Figur ein richtiges
Original ist und mit den beschriebenen Charakterzügen und Eigenheiten
unbedingt das Potenzial hat, sich auch in den nachfolgenden Romanen als starke Protagonistin zu behaupten. Selten sind
britische
Zurückhaltung, trockener Humor und Wertschätzung für Etikette so
unterhaltsam wie bei Miss Tarabotti, wobei die Autorin die kleinen
Erlebnisse, Aussagen und Gesten einzubauen vermag, ohne sie
lächerlich erscheinen zu lassen oder zu verspotten - sie passen
einfach perfekt zu der Hauptfigur und in den Roman. Nicht weniger
interessant sind Miss Tarabottis männlicher Gegenpart Lord Maccon,
ein imposanter und manchmal mit Miss Tarabotti fast überforderter
Werwolf, sowie verschiedene Nebenfiguren wie der Vampir Lord Akeldama
oder Maccons rechte Hand Professor Lyall, auf deren Figurenzeichnung
die Autorin nicht minder Aufmerksamkeit verwendet hat und schon in
diesem ersten Band der Reihe verschiedene Facetten ihrer Charaktere
zeigt. Vor allem das letzte Drittel der Handlung ist dann verstärkt
von Steampunk-Elementen geprägt: Wissenschaft und die
Wissenschaftler gewinnen an Bedeutung, bekannte wie auch kuriose
technische Erfindungen und Gerätschaften tauchen auf, und nicht ohne
Grund erinnern das Geschehen und die Figuren dann stark an Romane wie Dr.
Jekyll und Mr. Hyde, an zahlreiche Werke Jules Vernes oder an
Verfilmungen wie Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen.
Die Darstellung dieser Alternativwelt, dieses in vielen Aspekten ganz
anderen viktorianischen Englands und Londons ist phantastisch und
faszinierend. Und so vermag es Gail Carriger von der ersten Seite an,
durch die perfekte Mischung all dieser Elemente wie durch geschickt aufgebaute
Szenen den Leser bis zur letzten Zeile zu fesseln.
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