Alex Flinn

 






Beastly
Harper, 2007; ISBN: 0060874186


Deutsche Übersetzung: 
Beastly
Baumhaus Verlag, 2010

Kategorie: Märchen/ moderne Interpretationen/für Jugendliche
Zeit: Gegenwart
 

Kyle Kingsbury ist ein amerikanischer Teenager mit dem perfekten Leben: Was ihm Geld und Beziehungen seines reichen Vaters nicht verschaffen (und das ist wenig), erreicht Kyle mit seinem guten Aussehen und seinem Charme. Aber Kyle kann auch ganz uncharmant sein: zu seinen Lehrern, den Hausangestellten und ganz besonders zu jenen Mitschülern auf der noblen Privatschule Tuttle, die an Vermögen, Beziehungen und Aussehen in seinen Augen zu den Verlierern zählen. Als die Verkörperung all dieser Makel, seine Mitschülerin Kendra Hilferty, es wagt, diese Einstellung zu kritisieren, zeigt Kyle seine ganz besonders biestige Seite: Vermeintlich bekehrt, lädt er Kendra als seine Begleitung auf den Schulball ein, um sie dann einfach stehenzulassen und sich mit der Schulschönheit Sloane zu amüsieren. Aber Kendra ist keineswegs blamiert, sie ist eine Hexe. Und weil Kyle sich, wie von ihr erwartet, in dieser Prüfung als ein oberflächlicher Egoist erwiesen hat, belegt Kendra ihn mit einem Fluch und paßt sein Aussehen seinem Wesen an: Kyle wird zum Biest! Nur eine Möglichkeit hat Kendra eingeräumt, um den Fluch zu brechen: wenn es Kyle gelingt, innerhalb von zwei Jahren ein Mädchen zu finden, daß ihn trotz seines Aussehens liebt und das auch er aufrichtig wiederlieben kann. Trotzig versucht Kyle zunächst mit seinen üblichen Mitteln, sich aus dieser Lage zu befreien. Doch weder der Einfluß seines Vaters, noch ein Chirurg oder eine Therapie können etwas für ihn tun. Schließlich bleibt nur Verzweiflung, als er auch noch nach und nach von allen Menschen verlassen wird, die für ihn eine Rolle spielten: von Sloane, die sich angewidert abwendet, von seinen Freunden auf Tuttle, die ihn bald vergessen haben, sogar von seinem Vater, der, nicht minder oberflächlich als Kyle selbst, seinen Sohn sich selbst und bezahltem Personal überläßt. Und basierend auf dieser Erfahrung, kann Kyle nicht glauben, daß es doch noch einen Menschen gibt, der sein ganz und gar unperfektes Ich jemals lieben könnte...

Das Märchen von der Schönen und dem Biest ist hinreichend bekannt und wurde bereits zahlreich in unterschiedlichster Form erzählt und interpretiert. Daher dürfte es auch hier zu Verlauf und Ausgang der Geschichte keine Ungewißheiten geben. Dennoch gelang es Jugendbuchautorin Alex Flinn, in Beastly einen neuen Ansatz zu finden. So läßt sie die Geschichte ganz aus der Sicht des Biestes wiedergeben, was bei genauerer Überlegung sogar ideal ist, denn immerhin ist eine Kernaussage des Märchens die Wandlung eines oberflächlichen und kaltherzigen Wesens in einen mitfühlenden und liebenswerten Menschen, und wer könnte diese Entwicklung besser beschreiben, als das Biest selbst? Flinn bringt dessen langsame Wandlung packend, über weite Passagen ganz subtil, aber auch mit einem gelegentlich zum Vorschein kommenden Humor (man lese nur die Gespräche der Verwandlungs-Selbsthilfegruppe im Chatroom!) dem Leser nahe. Wenn Kyle erst trotzt, dann wütet und hadert, sich schließlich seiner Verzweiflung hingibt und nahe daran ist, alle Hoffnung auf eine Rückwandlung aufzugeben und sich mit seinem Dasein als Biest auf alle Zeiten abzufinden, dann kann sich auch der Leser diesen Emotionen nicht völlig entziehen. Durch diese Erzählperspektive erfährt man naturgemäß diesmal nicht so viel über die "Schöne", die in dieser Fassung gar keine Schönheit ist, sondern eines jener Mädchen, die der "alte" Kyle in der Schule keines zweiten Blickes gewürdigt hatte. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt damit deutlich auf der männlichen Hauptfigur. Einige Entwicklungen Kyles in seinem Leben als Biest sind bei einem Teenager -der er ja trotz Verwandlung immer noch ist- eher fraglich und wohl etwas schöngefärbt, die Sprache paßt stellenweise nicht zu einem männlichen Erzähler. Überhaupt scheint der Roman zum Ende hin doch etwas zu schwächeln, mit seinen rasanten Entwicklungen und eingestreuten Erkenntnissen und Weisheiten. Überraschend auch, daß die Autorin es  bei dieser Neuinterpretation des Märchens -anders als das bei Autoren und Filmemachern meist der Fall ist- unterließ, einfach alles, ohne Ausnahme zu modernisieren. Zwar ist die Geschichte der jugendlichen Leserschaft des 21. Jahrhunderts angepaßt, die märchenhaften Elemente wie der Fluch, die Verwandlung in ein haariges Biest, die Hexe und der Zauberspiegel aber beibehalten. Obwohl Beastly auf dem französischen Volksmärchen, seiner schriftlichen Fassung von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont (und in manchen Szenen offensichtlich auf Disneys Zeichentrickfilmversion!) beruht, kann Flinn über den Großteil des Buches dennoch den Eindruck eines eigenständigen, originellen Werkes vermitteln. Für Kenner des Schöne-und-das-Biest-Stoffes wartet der Roman zwar mit keinen großen Überraschungen auf, ist aber gelungen, unterhaltsam und allemal eine Leseempfehlung.

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